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Wie Sie lernen können, mit Ängsten umzugehen - Teil 1

Angst. Ein unangenehmes Thema. Wir alle kennen sie, die Angst, die uns plötzlich befällt. Sie kann uns lähmen oder kopflos handeln lassen. Oder wir haben Angst vor Dingen, die dann nie eintreffen. Was für eine Energieverschwendung!


In diesem und dem folgenden Beitrag werden wir uns mit der Angst beschäftigen. Vielleicht betrachten Sie Ihre Angst als Ihren Feind. In diesem Fall rate ich Ihnen: lernen Sie Ihren Feind kennen! Wenn Sie ihn kennen, können Sie ihn kontrollieren.

Hilfreicher als das Feind-Bild finde ich persönlich den Denkansatz, dass die Angst in erster Linie ein Schutzmechanismus ist: sie will uns vor Schaden schützen.

Absolut entscheidend ist aber, wie wir mit der Angst umgehen resp. welche Schritte wir danach unternehmen.

Unsere Reaktion auf die Angst entscheidet, ob die Angst uns kontrolliert oder wir die Angst kontrollieren.

Gestern hat mein Sohn etwas erlebt, das wunderbar aufzeigt, wie man sich mit Angst unnötig selber blockieren kann. Er hat mir die Erlaubnis gegeben, seine Geschichte hier zu teilen:

Im Rahmen des Homeschoolings sass er vor dem Computer an einem Englischtest. Nach über 1 Stunde Arbeit stürzte das ganze Programm ab, der Bildschirm blockierte.

Mein Sohn schimpfte, war wütend und hatte Angst, dass er nun den ganzen Test nochmals machen muss, er seine gesamte Punktzahl verlieren und eine schlechte Benotung bekommen würde. Bis sich herausstellte, dass der Computer eine Zwischenspeicherung gemacht hatte und mein Sohn genau an der Stelle mit dem Test weitermachen konnte, an der das Programm abgestürzt war. Einfach mit Zeitverzögerung.

Die Zeit zwischen dem Computerabsturz und dem Wiederaufschalten war für meinen Sohn der Horror. Er war emotional und gedanklich so gefangen in seiner Angst und seinem Frust, dass sein Tag gefühlt gelaufen war.

Wenn wir diese Situation mal genau anschauen und analysieren, erkennen wir, dass der Horror lediglich im Kopf meines Sohnes stattfand und mit der Realität nichts zu tun hatte. In der Realität gab es einfach eine Pause und nachher war alles wieder bei Stand vor der Pause. Mein Sohn hätte also - aus der Retrospektive heraus betrachtet- die Zeit geniessen und einfach chillen können, bis das Programm wieder läuft.


Wir alle kennen solche Momente. Es nützt auch nichts, wenn wir uns aufregen, DASS wir uns aufgeregt haben (ein Teufelskreis im negativen Denken). Was mein Sohn nun also konkret tun kann, ist: hinschauen, analysieren, lernen. Damit er sich beim nächsten Mal, wenn sowas passiert, an diese Situation erinnern kann und denkt: "okay, es kann sein, dass ich soeben alle Daten verloren habe. Es kann aber auch sein, dass die Technik einfach mal den Pausenknopf gedrückt hat. Ich warte also mal ab und tue mir in der Zwischenzeit was Gutes".


Ich finde, dieses Beispiel zeigt wunderbar auf, wie wertvoll es sein kann, sich mit seinen Gedanken und Ängsten zu beschäftigen.

Die Lebensqualität verbessert sich und mit jedem erfolgreich gemeisterten Erlebnis wächst unsere mentale Stärke. Wir können also nur gewinnen, wenn wir diesen Weg gehen.

Also, ran an die Angst.


Wie funktioniert das denn nun mit der Angst?

Angst entsteht im Gehirn und löst einen Stress-Reaktions-Prozess aus. Es werden Hormone freigesetzt, die unsere Gefühle und unsere Wahrnehmung beeinflussen.

Es ist also erstmal ein automatisierter Prozess, auf den wir keinen Einfluss haben. Er geschieht uns aufgrund unserer Hirn-Beschaffenheit. Dieser Vorgang ist zu unserem Schutz so ausgelegt. Er soll unser Überleben sichern. Deshalb läuft dieser Prozess auch so schnell ab. Wenn Sie sich vertiefter mit dem neurologischen Prozess beschäftigen möchten, der da abläuft, empfehle ich Ihnen das Buch "Biologie der Angst" vom deutschen Hirnforscher Gerald Hüther.


Nun hat sich unser Gehirn zum Glück über all die Jahrtausende weiterentwickelt und wir verfügen über die Fähigkeit, Dinge zu beobachten, zu analysieren und überlegte Schritte einzuleiten. Wir greifen dabei auf Erfahrungen zurück, die wir im Leben gemacht haben und auf Wissen, das wir uns angeeignet haben. Aber dieser Denk-Prozess kommt nachgelagert, das heisst später als der automatisierte Angstauslösevorgang.

Man könnte also vereinfacht sagen, dass es 2 Schritte gibt: erstmal der automatisierte Prozess, der uns Angst spüren lässt und der uns zu einer automatischen Reaktion veranlasst. Dann kommt - mit Zeitverzögerung, weil diese Gehirneinheit langsamer arbeitet - das bewusste Denken und Handeln.

Wir können die ursprüngliche Angst nicht verhindern. Wenn wir das versuchen, verschwenden wir Energie. Aber wir können den 2. Schritt trainieren, den Denkprozess. Je intensiver und häufiger wir uns darin üben, desto rascher und effizienter kommt dieser Denkvorgang ins Rollen.


Es gibt dazu eine wunderbare, alte Geschichte, die ich Ihnen nun heute noch mitgeben möchte.

Ein alter Indianer sitzt mit seiner Familie und seinem Enkelsohn am Lagerfeuer. Sie reden über das Leben mit seinen Herausforderungen und da erzählt der Alte über einen Kampf. Ein Kampf, der schon sehr lange in seinem Inneren tobt.

Er sagt: „Mein Sohn, dieser Kampf fühlt sich an, als würde er von zwei Wölfen ausgefochten.“

Der eine Wolf ist böse:

Er ist die unkontrollierte Angst, der Hass, der Zorn, der Neid, die Anspannung, der Stress, die Ungeduld, die Eifersucht, Sorgen, Schmerz, Gier, die Arroganz, das Selbstmitleid, die Schuld, die Vorurteile, die Minderwertigkeitsgefühle, die Lügen, der falsche Stolz und das Ego.

Der andere Wolf ist gut:

Er verkörpert die Liebe, die Freude, den Frieden, die Gelassenheit, die Geduld, Hoffnung, Heiterkeit und Demut, die Güte, das Wohlwollen, Zuneigung, Grosszügigkeit, die Aufrichtigkeit, das Mitgefühl und den Glauben.

Der Enkel schaut den Grossvater daraufhin aufmerksam an und er denkt ein paar Augenblicke über die Worte nach. Und dann fragt er:

“Welcher der beiden Wölfe gewinnt den Kampf?”

Und der alte Cherokee antwortete:

„Der, den du fütterst!“


Entscheiden Sie selbst, welchen Wolf Sie füttern wollen. Wenn Sie meine Gedanken zum Thema lesen mögen, wie man den guten Wolf füttern kann, der seine Angst sinnvoll nutzen und in hilfreiche Bahnen lenken kann, dann lesen Sie meinen nächsten Blogbeitrag. Ich freue mich, wenn Sie wieder dabei sind. Und ich freue mich über Ihr Feedback und Ihre Fragen.





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